Mehr als eine Million Menschen ernähren sich in Deutschland vegan und vertreten damit den Standpunkt: Tiere essen ist nicht ok. Ist das wirklich so?
Ein Streitgespräch mit Vegan-Aktivistin Sophia Hoffmann und Moritz Bor von der Marktgesellschaft der Naturland Bauern.
Tiere schließen den ökologischen Kreislauf:
Für die Kreislaufwirtschaft brauchen wir im Öko-Landbau als organischen Dünger Mist und Gülle. Die tierischen Ausscheidungen geben dem Boden Nährstoffe wie Phosphor, Kalium und Stickstoff zurück. Naturland Landwirt:innen dürfen nur so viele Tiere halten, wie sie durch selbst angebautes Futter ernähren können und deren Gülle ihre Böden rückstandfrei absorbieren können; Stichwort: „flächengebundene Tierhaltung“.
Grünland und regionale Besonderheiten:
In vielen Regionen der Welt prägen Grünland und Steppe das Landschaftsbild. Wiederkäuer, wie Rinder halten durch das Grasen die Flächen offen. Ohne die Tiere würden die Landstriche in kürzester Zeit verwalden. Kühe, Schafe und Ziegen prägen unsere Kulturlandschaften. Zudem erschließen sie Nahrungsquellen, die für uns nicht zugänglich sind, indem sie Gras - das wir nicht verwerten können - in tierische Proteine wie Milch, Käse oder Fleisch umwandeln. Kleinbäuerliche Tierhaltung ist außerdem Lebensgrundlage und wichtiger wirtschaftlicher Faktor für Millionen Menschen.
Die vegane Landwirtschaft meidet organische Dünger tierischen Ursprungs. Sie muss die von den Kulturpflanzen benötigten Nährstoffe deshalb auf andere Weise zuführen, insbesondere durch den Einsatz chemisch-synthetischer Stickstoffdünger.
Genau das ist in der ökologischen Landwirtschaft aber nicht erlaubt. Wer beides will – ökologisch anbauen UND auf tierische Dünger verzichten – steht deshalb vor erheblichen Herausforderungen. In der so genannten bio-veganen Landwirtschaft wird deshalb versucht, die Bodenfruchtbarkeit vor allem über Gründüngung, pflanzlichen Kompost sowie besonders breite Fruchtfolgen zu erhalten und aufzubauen. Diese Methoden setzen aber auch andere Bio-Betriebe ein – zusätzlich zum Tiermist. Entsprechend wird die bio-vegane Form der Landwirtschaft in der Praxis nur von wenigen Betrieben praktiziert und ist bislang nur eine winzige Nische.
Es gibt große Unterschiede in der Tierhaltung –zwischen konventioneller und ökologischer Landwirtschaft, in Deutschland und auf der Welt. Bio-Lebensmittel und besonders Bio-Fleisch kosten mehr – und das hat seine Gründe: Naturland fordert von seinen Mitgliedsbetrieben mit die höchsten Tierwohl-Standards in Deutschland: viel Platz, Auslauf, weiche Liegeflächen im Stall abgetrennt vom Fressbereich sowie hochwertiges Futter. Das alles wird jährlich überprüft – und zwar nicht nur im Rahmen der verpflichtenden Öko-Kontrolle, sondern auch mit einer zusätzlichen, speziellen Tierwohlkontrolle. Grundlage dafür ist eine überverbandlich entwickelte Tierwohl-Checkliste mit tierartspezifischen Kriterien.
Die Kontrollen dienen dazu, das Wohl der Tiere sicher zu stellen, Probleme frühzeitig zu erkennen und Tierhalter zu beraten, um etwaige Verbesserungen herbeizuführen. Zugleich bilden sie aber auch die Grundlage, um in der Arbeitsgemeinschaft Tierwohl - hierzu gehören Bioland, Biokreis, Gäa und Naturland - die Öko-Tierhaltung kontinuierlich weiterzuentwickeln. Da Tierwohl nicht an der Stalltür endet, bezieht Naturland auch die Schlachthöfe in die Kontrolle mit ein.
Die Mengen, die wir an konventionellem Fleisch konsumieren, sind deutlich zu hoch. Wirstoßen damit an unsere planetaren Grenzen. Die hohe Nachfrage macht Massentierhaltung überhaupt erst notwendig, braucht enorm viele Futtermittel, fördert die Abholzung des Regenwaldes, verschärft die Klimakrise, trägt zum Artensterben bei sowie zu Nitrat im Grundwasser. Jede Menge Probleme – für die der Öko-Landbau Lösungen parat hat:
Die Gründe für eine vegane Lebensweise sind vielfältig: Ethik, Tierschutz, Umwelt, Klimaschutz oder die eigene Gesundheit. Besonders die ethische Frage ist eine persönliche, die jeder für sich entscheiden darf. Wer mehr dazu erfahren möchte, dem empfehlen wir das Buch „Tiere essen“ von Jonathan Safran Foer.
Bei der Frage der Ernährung gibt es kein Richtig und kein Falsch – es geht um die bewusste Entscheidung, die jeder für sich treffen muss. Einerseits ist klar, dass unser Fleischkonsum insgesamt sinken muss. Zugleich kann aber eine Landwirtschaft ohne Nutztierhaltung nicht alle Menschen ernähren und langfristig nicht die Fruchtbarkeit der Böden erhalten. Grünland als Fläche zur Gewinnung von Lebensmitteln darf nicht ungenutzt bleiben. Deshalb steht für uns fest: Wir brauchen Fleischesser:innen – und Menschen, die sich vegan ernähren. Oder die wenig Fleisch essen!
Daher ist die Frage nicht, OB wir Nutztiere halten sollten, sondern WIE wir sie halten. Wer Fleisch isst, sollte deshalb darauf achten, dass es aus artgerechter ökologischer Haltung kommt. Das ist teurer, aber eben auch besser – für Mensch, Tier und Umwelt.
Quelle: Statista: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/445155/umfrage/umfrage-in-deutschland-zur-anzahl-der-veganer/ (8.2.2022)
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