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Porträt Präsidiumsmitglied
Marion Bohner

"Frauen in der Landwirtschaft müssen sichtbarer werden"

Marion und Klaus Bohner zeigen auf ihrem Bio-Milchviehbetrieb in der Bodenseeregion, wie gut es Kühen gehen kann. Zumal, wenn die ganze Familie mit anpackt.

Hinter jedem starken Mann steckt eine starke Frau, klar. Dass das auch umgekehrt gilt, beweisen Präsidiumsmitglied Marion Bohner und ihr Mann Klaus. Gemeinsam mit ihren zwei Teenage-Kindern bewirtschaften sie einen Naturland Hof in der Nähe von Bad Waldsee in Oberschwaben: 55 Fleckvieh-Kühe, 20 Hektar Grünland, 20 Hektar Ackerland, 4 Hektar Wald. Das tun sie aber nicht bloß für sich. "Wir wollen den Menschen die Landwirtschaft näherbringen", sagt Marion Bohner, "wir möchten offen ins Gespräch kommen." Dafür hat sich die gelernte Arzthelferin eigens zur Bauernhof- und Naturpädagogin schulen lassen

Ein Exot namens Kompoststall

Auf das Wohl ihrer Tiere legen die Bohners großen Wert. Ihre Kühe tragen Hörner. Um bei Rangkämpfen auszuweichen zu können, haben sie genug Platz – im Sommer draußen auf der Weide, im Winter drinnen. Der Kuhstall ist der Stolz seiner Besitzer: ein Exot namens „Kompoststall“. Täglich streuen die Bohners gesiebte Hackschnitzel, Sägespäne und Dinkelspelzen auf die Liegefläche ihrer Kühe und fräsen den Boden zweimal am Tag durch. Dadurch gelangt Sauerstoff in tiefere Schichten und regt die Verrottung an. Über die Zeit wächst der Boden immer weiter an. „Das Material ist erstaunlich trocken, es wärmt die Kühe und schont ihre Gelenke“, erklärt Marion Bohner. Dreimal im Jahr fahren sie den Kompost ab: Er eignet sich hervorragend zur Düngung.

Zum Tierwohl trägt bei, dass die Kälber nach der Geburt längere Zeit bei ihren Müttern bleiben dürfen. Zum Menschenwohl trägt der Melkroboter bei. „Auch in der Landwirtschaft hält die Technik immer mehr Einzug, das macht uns flexibler“, sagt Marion Bohner. Verfüttert wird Heu und Silage; im Sommer auch frisches Gras.

Klaus ist gelernter Landwirt und in Kohaus aufgewachsen. Seine Frau wollte eigentlich „niemals“ einen Bauern heiraten. „Aber für die ökologische Landwirtschaft haben wir uns dann beide begeistert“, erzählt sie. „Klaus hat den Betrieb von seinen Eltern übernommen und jahrelang ausprobiert, ob eine Umstellung möglich ist.“ Vor zehn Jahren wurde der Hof dann umgestellt, vor fünf Jahren ließ Marion Bohner sich zur Delegierten bei Naturland wählen – und im Juni 2021 ins Präsidium.

Fair Trade für die Feuerwehr

Neben diesem Ehrenamt ist sie im Aufsichtsrat der genossenschaftlichen Molkerei Leupolz und in der Fair-Trade-Steuerungsgruppe der Kommune, die dafür sorgt, dass das Beschaffungswesen mehr fair gehandelte Produkte einkauft, etwa für die Feuerwehr. Und sie arbeitet zwei Tage die Woche in ihrem alten Beruf im sozialpädiatrischen Zentrum in Ravensburg. Klaus schmeißt dann den Haushalt. Warum sie sich so viel aufhalst? "Überall in der Landwirtschaft arbeiten Frauen", sagt Marion Bohner. "Wir müssen endlich sichtbar werden." Die meisten Briefe etwa kämen nur an "Herrn Bohner" adressiert, selten an sie beide. "Oft hadere ich mit den agrarpolitischen Rahmenbedingungen und Vorgaben die unsere landwirtschaftliche Arbeit bestimmen. Mein ehrenamtliches Engagement ist mein Beitrag, diese zu verändern."