"Wir sollten alle Hüter der Bienen sein"

Umweltaktivistin Leydy Pech Martín kämpft seit Jahren gegen den Anbau von genmanipuliertem Soja und für das Leben mexikanischer Wildbienen.

Juli | 2023
Bildrechte: © Naturland/Christian Nusch

Die mexikanische Umweltaktivistin Leydy Aracely Pech Martín ist bei den Maya ein Star. Vor zehn Jahren gründete sie die Bewegung „Sin Transgenicos“ („Ohne Transgene“). Sie kämpft mit ihrer indigenen Frauengruppe gegen den Anbau von Gen-Soja. Für ihren Einsatz wurde sie 2020 mit dem Umweltpreis der Goldman Foundation ausgezeichnet: der „Umwelt-Nobelpreis“.

Frau Pech Martín, man nennt Sie auch „Die Hüterin der Bienen“. Welche Bedeutung haben diese Tiere für Sie?

Pech Martín: Auf unseren Feldern wächst alles, was wir zum Leben brauchen: Mais, Bohnen, Kürbisse und Yuca. Wir leben mit und von der Natur. Aber all das gedeiht nur, wenn wir Bienen haben, die die Bestäubung übernehmen. Sie zu beschützen, bedeutet, unser Überleben zu sichern. Deshalb sollten wir alle Hüter der Bienen sein.

Inwiefern schaden genmanipulierte Sojabohnen den Bienen?

Pech Martín: Soja an sich schadet ihnen nicht. Aber der heutige Anbau hat verheerende Auswirkungen: Es wird zu viel Wald gerodet, Bäume, in denen die Wildbienen ihre Nester bauen und ihre Nahrung finden. Einige Pflanzen können nur von der Melipona, unserer heimischen Wildbiene, bestäubt werden. Das gilt vor allem für traditionelle Heilpflanzen, die für unsere Gesundheit und in unserer Kultur sehr wichtig sind. Zum anderen wird Soja in Monokulturen angebaut. Diese Anbauform setzt Pestizide ein, um Schädlinge und Krankheiten kontrollieren zu können. Und zwar in zunehmendem Maße, denn die Schädlinge entwickeln Resistenzen. Und diese Pestizide setzen auch Bienen erheblich zu.

Setzt sich seit Jahren gegen den Anbau von Gen-Soja ein: Leydy Pech Martín.
Setzt sich seit Jahren gegen den Anbau von Gen-Soja ein: Leydy Pech Martín.
Wer baut diese Monokulturen an?

Pech Martín: Die Soja-Anbauer auf der Yucatán-Halbinsel sind Mennoniten (deutschstämmige Großbauern) oder ausländische Unternehmen. Sie sehen die Welt anders als wir Maya. Für sie ist das Geld wichtig, für uns dagegen die Ernährung, die Gesundheit und die Natur für unsere Kinder zu erhalten. Sie denken: „Da gibt es Land, das nicht genutzt ist, was für eine Verschwendung, damit könnte man doch Geld verdienen“. Und der Staat verkauft es ihnen, weil es niemandem gehört. Aber das ist falsch. Dieser Wald gehört uns allen und wir alle brauchen ihn, um zu überleben.

Problematisch: Für den flächendeckenden Anbau von Soja wird nicht nur der Wald der Wildbienen gerodet, sondern auch die eingesetzten Pestizide setzen den Bienen zu.
Problematisch: Für den flächendeckenden Anbau von Soja wird nicht nur der Wald der Wildbienen gerodet, sondern auch die eingesetzten Pestizide setzen den Bienen zu.
Gab es einen bestimmten Anlass für Ihren Kampf?

Pech Martín: Eines Tages erhielten wir die Nachricht, dass unser Honig nicht mehr in alle Länder der Europäischen Union exportiert werden darf, weil er zu viel gentechnisch veränderte Pollen enthält. Das hat uns sehr besorgt, denn hier haben fast alle Familien Bienen – der Honig ist die wichtigste Einkommensquelle. Wir wussten damals nicht, was „gentechnisch verändert“ bedeutet und was der Anbau mit sich bringt. Aber wir sahen, wie der Wald verschwand, die Bäche vergiftet wurden und unsere Bienen starben. Das machte uns traurig und wütend und wir beschlossen, etwas dagegen zu unternehmen.

Sie sind bis vor den obersten mexikanischen Gerichtshof gezogen – und haben 2015 Recht bekommen. Hat das die Situation verbessert?

Pech Martín: Wir konnten darlegen, wie sehr uns der Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen beeinträchtigt. Das Gericht hat anerkannt, dass er unsere Rechte verletzt und dass man uns hätte konsultieren müssen, bevor dieser Gen-Anbau erlaubt wurde. Ende 2017 widerrief das Ministerium die Genehmigungen für den kommerziellen Anbau von Gen-Soja. Monsanto wurde es verboten, in Yucatán transgenes Saatgut oder Glyphosat zu verkaufen. Trotzdem ist beides erhältlich und wird genutzt. Und noch immer wird Wald für neue Anbauflächen gerodet. Denn Staat und Justiz funktionieren in diesem Land einfach nicht.

Es heißt oft, die Ernährungssicherheit wäre nicht gewährleistet, wenn Landwirtschaft nicht industriell betrieben würde.

Pech Martín: Aber wir sehen doch, dass es genau das ist, was den Hunger bringt! Denn es geht nicht nur um die Nahrung der Menschen. Was ist mit den Wildtieren? Mit den Bienen? Mit den Pflanzen, die von ihnen abhängen? Die Abholzung des Urwaldes und die ständige Ausbreitung der Monokulturen zerstört die natürliche Vielfalt. Wir müssen verstehen, dass wir von der Natur abhängig sind. Wir brauchen sauberes Wasser und Artenvielfalt, um zu überleben

Leydy Pech Martín freut sich: Naturland ist für ihr Engagement ein wichtiger Verbündeter.
Leydy Pech Martín freut sich: Naturland ist für ihr Engagement ein wichtiger Verbündeter.
Wie hilft Naturland ihrer Bewegung?

Pech Martín: Naturland ist für uns ein wichtiger Verbündeter. Es ist gut zu wissen, dass es so weit weg jemanden gibt, der für dieselben Ziele kämpft wie wir. Besonders wichtig ist für uns, dass Naturland in Deutschland sitzt, wo ja auch Bayer (der Konzern, dem Monsanto inzwischen gehört) zu Hause ist. Für die Mitglieder von Naturland ist es viel einfacher, etwas zu unternehmen, als für uns. Das gibt uns Hoffnung.


Entsprechend der Naturland-Richtlinien erntet unser mexikanischer Naturland-Partner EDUCE mit seinen Produzenten hochwertigen Bio-Honig auf der Halbinsel Yucatán. Im Blogbeitrag Bio-Honig aus Mexiko berichten wir, wie wichtig eine gute Ausbildung dafür ist und wie Naturland sich dabei entsprechend engagiert.