Das Kartoffelkombinat: die Selbstversorger-Community

Das Kartoffelkombinat ist eine solidarische Landwirtschaft, kurz Solawi. Hier freuen sich 2.400 Mitglieder nicht nur über Kartoffeln, sondern über ihre wöchentliche Kiste mit leckerem Bio-Gemüse.

September | 2023
Bildrechte: © Naturland

Solidarische Landwirtschaft (Solawi) für eine bessere Welt

Nicht weit vor den Toren Münchens, dort, wo nur noch Feld an Feld grenzt, steht man plötzlich vor ein paar Glashäusern: dem Kartoffelkombinat. Daniel und Simon, die beiden Gründer der Solawi, wollten angesichts der vielen Herausforderungen, die es auf der Welt gibt, etwas anders machen. Und weil Lebensmittel etwas Grundlegendes sind, setzten die beiden Visionäre hier an. Das Kartoffelkombinat entstand.

„Wie können wir unsere Gesellschaft anders ernähren?“

Das Kartoffelkombinat ist nach den Prinzipien einer Solawi, einer solidarischen Landwirtschaft, organisiert. Das heißt, die Mitglieder finanzieren gemeinsam die Gewächshäuser, Gebäude und Felder sowie das Saatgut und die laufenden Kosten. Dafür bekommen sie einmal pro Woche eine Gemüsekiste vollgepackt mit leckerem, biologisch angebautem und nach den strengen Naturland Richtlinien zertifiziertem Gemüse.

Eine Solawi will so dem herkömmlichen Versorgungsmodell, in dem die Supermarktketten die Preise diktieren, ein anderes Modell entgegenstellen. Ein Modell, in dem es nicht um Profitmaximierung geht, sondern um Solidarität und Menschlichkeit.

Nach drei Neustarts, weil sie jedes Mal ein neues Gelände für die Solawi suchen mussten, werden jetzt auf 24 Hektar Freilandfläche, in drei Gewächshäusern, einem Tropenhaus und sechs Folienhäusern unter anderem Tomaten, Auberginen, Zucchini - insgesamt über 50 Gemüsesorten - für 2.400 Münchner produziert. Wir spazieren mit Sophie und Benny über die Anlage, die von insgesamt 13 Gärtnernden betreut wird. Die beiden leiten den gesamten Gemüseanbau beim Kartoffelkombinat.

Benny von der Solawi Kartoffelkombinat engagiert sich für ein faireres Modell der Lebensmittelversorgung.
Benny von der Solawi Kartoffelkombinat engagiert sich für ein faireres Modell der Lebensmittelversorgung.

Frisches Gemüse für 2.400 Mitglieder

Damit die Versorgung reibungslos klappt, plant Benny zusammen mit seinen Kolleg:innen im Herbst das gesamte nächste Erntejahr. Er rechnet aus, wann wo wieviel Salat, Blumenkohl und Tomaten angebaut werden müssen, damit jede Woche genügend Gemüse in den Kisten der Mitglieder landet. Er berechnet, wie viel Saatgut gekauft werden muss und wie viele Mitarbeitende sich um das Gemüse kümmern. Daraus ergibt sich der Mitgliederbeitrag. Das Kombinat möchte faire Löhne bezahlen und zugleich wirklich schmackhaftes Biogemüse zu einem Preis wie im Bioladen anbieten.

Ob vom Feld oder unter Glas - die Solawi Kartoffelkombinat baut nach Naturland-Vorgaben an.
Ob vom Feld oder unter Glas - die Solawi Kartoffelkombinat baut nach Naturland-Vorgaben an.

Schwebfliegen gegen Blattläuse

Produziert wird nach Naturland Richtlinien, das heißt chemisch-synthetischer Dünger und Wachstumsregulatoren sind verboten. Und das ist nicht immer ganz einfach. Dennoch haben die beiden erfahrenen Gärtnernden ihre Tricks auf Lager. Oberste Regel: Die Schädlinge niemals ins Gewächshaus hineinlassen. Und mindestens genauso wichtig: Passende Nützlinge regelmäßig zukaufen und im Gewächshaus aussetzen

Die größte Gefahr rührt von der Feuchtigkeit in den Morgenstunden. Um die Luftfeuchtigkeit gering zu halten, blasen in den Gewächshäusern Ventilatoren und sorgen so für möglichst gleichbleibend trockene Luft. Sollten sich doch einmal Blattläuse einschleichen, helfen Ringelblumen, die überall im Gewächshaus wachsen. Sie locken Schwebfliegen an, die wiederum Blattläuse fressen.

Sophie und Benny zeigen stolz die Wochenkiste für die Mitglieder der Solawi.
Sophie und Benny zeigen stolz die Wochenkiste für die Mitglieder der Solawi.

Vom Gärtner-Know-how profitieren übrigens auch die Mitglieder. Sie werden regelmäßig zu Mitmach-Events eingeladen. Die Mitglieder nehmen diese Einladung gerne an und helfen beim Jungpflanzen setzen, bei der Ernte und bei allen anderen Tätigkeiten, die ihnen die erfahrenen Gärtnernden zeigen. Gratis-Tipps fürs Balkongärtnern inklusive.

„Die meisten Städter sind ziemlich überrascht, wie hart und schwer die Arbeit ist. Und wer einmal als Erntehelfer aktiv war, hat in Zukunft deutlich mehr Respekt für die Lebensmittel.“

Wer mehr über das Genossenschaftsleben wissen will, sollte sich den spannenden und unterhaltsamen Kinofilm "Das Kombinat" ansehen, der die Geschichte von Simon und Daniel vom Kartoffelkombinat erzählt. Der Film ist ab 28.9.2023 im Kino zu sehen.

Das Kombinat: ab 28.9 2023 in den Kinos

Das Kartoffelkombinat ist deutschlandweit, wenn nicht sogar europaweit, die größte Kooperative mit 2.400 Mitgliedern. Hier der Trailer zum Film.

 

Kürbis, Kartoffeln, Auberginen: Das Kartoffelkombinat baut über 50 verschiedene Sorten Gemüse an.
Kürbis, Kartoffeln, Auberginen: Das Kartoffelkombinat baut über 50 verschiedene Sorten Gemüse an.
Wunderknolle Kartoffel

Inspiration

Die Kartoffel inspiriert seit Jahrhunderten Künstler und Künstlerinnen. Van Gogh verewigte sie in mehreren Gemälden, darunter die berühmten Kartoffelesser.  

Pflanzenschutz

Kartoffeln gehören zu den meistgespritzten Kulturen im konventionellen Landbau, denn sie sind anfällig für viele Krankheiten wie die Kraut- und Knollenfäule.

Bunte Vielfalt

Über 3000 Kartoffelsorten gibt es weltweit, nur etwa 200 davon werden in Deutschland kultiviert.

Ganz schön alt

Die ältesten Nachweise für wilde Kartoffeln stammen aus Südamerika. Demnach ist sie älter als 10.000 Jahre.